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Presseerklärung des VGD zur Ministerpräsidentenwahl in Thüringen, 6.2.2020

Angesichts der jüngsten politischen Entwicklungen und der Ereignisse in Thüringen steht außer Zweifel, dass eine grundlegende historisch-politische Grundbildung an unseren Schulen notwendig ist. Es scheinen nun nicht mehr nur unsere SchülerInnen zu sein, die zu wenig über das Verhalten der demokratischen Parteien in der Weimarer Republik wissen, resp. gelernt haben.

Spätestens gestern dürfte deutlich geworden sein, dass unsere Demokratie ohne fundierte historisch-politischer Grundbildung und Demokratieerziehung in Gefahr ist. Es ist notwendig, allen zukünftigen WählerInnen zu einem differenzierten und reflektierten Geschichtsbewusstsein zu verhelfen, das stärker gegen die Gefahren von rechts und links imprägniert. Wer reflektiertes historisches Wissen über das Verhalten der demokratischen Parteien in der Weimarer Republik besitzt, vermag zu erkennen, wie Politiker jetzt mit dem Feuer spielen. Fakt ist indes, dass der Geschichtsunterricht bundesweit immer noch gekürzt wird und das Thema „Weimarer Republik“ in einigen Lehrplänen nicht (mehr) existiert. Das Thema Nationalsozialismus steht viel zu spät im Lehrplan und kommt deshalb manchmal „gar nicht mehr richtig dran“. Die Weimarer Republik wird zwar medienwirksam abgefeiert und zu Recht als die kreativste Phase des vorigen Jahrhunderts gesehen, jedoch  immer noch zu stark aus der Perspektive des Scheiterns betrachtet. Wenn Schülerinnen und Schüler stärker das Potenzial dieser demokratischen Phase der deutschen Geschichte kennen, fällt ihnen das Erkennen aktueller Gefahren leichter.

Wir wollen keine Ängste schüren. Mit Blick in die Zukunft fordern wir präventiv durchgängig quantitativ und qualitativ ausreichenden Geschichtsunterricht als Pflichtfach in den Sekundarstufen I und II in allen bundesdeutschen Schulen (10 Stunden in der Sekundarstufe I, durchgängig Pflichtfach in der Sekundarstufe II). Darüber hinaus fordern wir die Abschaffung des Sammelfaches „Gesellschaftslehre“ (Vgl. auch: „Erklärung von Hannover“ 2015.

Zahlreiche Gespräche mit Ausbildern aus den o. g. Schulformen haben ergeben, dass es u.a. als „Verschiebebahnhof“ für Ordinariats-, Übungs- und Vertretungsstunden genutzt wird. Zudem wird es ausschließlich fachfremd unterrichtet, da dieses Fach im Lehramtsstudium gar nicht existiert! Spätestens jetzt ist es an der Zeit die alten ideologischen Grabenkämpfe zu vergessen und auf die gebotenen Bedarfe adäquat zu reagieren. Die schulische Entwicklung ist vor dem Hintergrund arbeitsloser GeschichtslehrerInnen aus unserer Sicht mehr als beklagenswert.

Es mag viele Menschen verunsichern, wie die Geschichte immer wieder instrumentalisiert wird. Wer aber um den Konstruktionscharakter von Geschichte weiß, kann dies erkennen. Das ist ein weiteres Argument  für mehr Geschichtsunterricht.

Dr. Peter Johannes Droste
Bundesvorsitzender VGD