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Stellungnahme im Anhörungsverfahren des Fachberater-Erlasses

Anlässlich des Anhörungsverfahren zum Runderlass „Fachberaterinnen und Fachberater an Gymnasien und berufsbildenden Schulen sowie Fachmoderatorinnen und Fachmoderatoren an Gesamtschulen“ hat der NGLV eine Stellungnahme abgegeben. Dies ist der Wortlaut:

Stellungnahme im Rahmen des Anhörungsverfahrens zum Rd.Erl. „Fachberaterinnen und Fachberater an Gymnasien und berufsbildenden Schulen sowie Fachmoderatorinnen und Fachmoderatoren an Gesamtschulen“

Der Niedersächsische Geschichtslehrerverband nimmt gern zum vorliegenden Ent­wurf des oben genannten Erlasses Stellung, da ein Groß­teil der Fachberaterinnen und Fachberater sowie viele Fachleiterinnen und Fachleiter des Faches Geschichte zu seinen Mitgliedern zählen. Grundsätzlich beinhaltet die Erlassnovelle moderate Änderungen, die lediglich die faktisch eingetretenen Änderungen im Tätigkeitsbereich der Fachberaterinnen und Fachberater widerspiegeln und einarbeiten. An einigen Stellen scheint es uns jedoch erforderlich, ein Monitum anzubringen.
  1. Zum Verhältnis von Fachberatern und Studienseminaren (1.1, Spiegelstrich 4 neu).
Bekanntlich werden die Ämter des Fachberaters / der Fachberaterin sowie der Fach­leiterin / des Fachleiters nach A 15 eingestuft und sind insofern in ihrer Stellung als gleichrangig zu betrachten. Die Tätigkeitsbereiche beider Ämter sind einander sehr ähnlich und weisen erhebliche Überschneidungen auf. Lediglich die Zielgruppe (Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst hier, fertig ausgebildete Lehrkräfte dort) ist eine andere. Die Möglichkeit, sich vorwiegend einem Fach und seiner Didaktik zuwenden zu können, diese vertieft zu studieren und zu vermitteln, ist unzweifelhaft ein Privileg. Dabei ist es den Fachleitungen aufgrund ihres schlankeren Aufgabenzuschnitts sowie einer wesentlich höheren Zahl an Anrechnungsstunden sehr viel besser möglich, auf dem aktuellen Stand der Fachwissenschaft und Fach­didaktik zu bleiben als den Fachberatern, deren wesentlich geringeres Anrechnungs­deputat zudem zumeist mit anderen Aufgaben der Schulaufsicht gefüllt ist, während etwa die Planung und Abhaltung von Fortbildungen fachlicher oder fachdidaktischer Art häufig der Eigeninitiative der Fachberatung überlassen bleiben. In der Wahrnehmung der Landesschulbehörde, das zeigt die Erfahrung, wird aller­dings das Amt der Fach­be­raterin / des Fachberaters häufig inoffiziell als höher­stehend eingeschätzt. Hierfür gibt es keine Rechtferti­gung. Vermutlich handelt es sich um die unbeab­sich­tigte (?) Wirkung der relativen Nähe der Fachberatungen zu den zuständigen Fachdezer­nenten, während Fachleitungen über weite Strecken, und zumal nach der Einführung der APVO-Lehr im Jahre 2010, die die Anwesenheit einer Dezernentin/eines Dezernenten am (zweiten) Prüfungstag nicht mehr vorsieht, in der Wahrnehmung der Landesschul­behörde weitgehend unbeauf­sichtigt agieren. Könnte es sein, dass diese Sichtweise auch im Kultusministerium überwiegt, in dem Fachberaterinnen und Fachberater bekanntlich öfter ein- und ausgehen als Fachleite­rinnen und Fachleiter? Diesen Eindruck legt jedenfalls der Spiegelstrich 4 nahe. Angesichts der stärkeren Fokussierung der Fachleitungen auf das didaktische Kern­geschäft erhellt nicht, warum die Fachberatungen in beratender Funktion für die Studien­seminare, d.h. doch wohl: die Fachleitungen, tätig werden sollten. Daher emp­fehlen wir anstelle der Ausweisung einer einseitigen Beratungstätigkeit der Fach­beratungen vielmehr die Schaffung und Perpetuierung von symmetrischen Strukturen zum Zwecke eines regelmäßigen fachlichen und fachdidaktischen, landesweiten Austauschs zwischen den maximal 18 Fachleitungen und den Fachberatungen eines Faches. Während dies für die Fachberaterinnen und Fach­berater bereits regelmäßig auf Landesebene vorgesehen ist und in den Netzwerken um den Kreis der Multi­plikatoren erweitert wird, fehlt eine solche Struktur für die Fachleitungen völlig. In den einzelnen Regionalabteilungen finden Treffen der Fachberatung und der Fach­lei­tun­gen in unterschiedlicher Frequenz statt. Ansonsten müssen die Fach­leite­rinnen und Fach­leiter Treffen zum Zwecke des gegenseitigen Erfahrungsaustausches bislang privat organisieren. Mehr noch: Zunehmend werden Funktions­träger von der Teil­nah­me an den Netz­werktagungen oder der Mitgliedschaft in Zentralabitur­kommis­sionen ausgeschlossen. Dieser Umstand schwächt die Unter­richts­entwicklung des Fach­unter­richts unnötig und sollte abgestellt werden. Anders verhält es sich mit dem Verhältnis der Fachmoderatoren zu den Studienseminaren. Da an den Studienseminaren für das Lehramt an Gymnasien Lehrkräfte für die Fächer Geschichte, Erdkunde und Politik/Wirtschaft ausgebildet werden und die meisten Fachleiterinnen und Fachleiter über die entsprechende Erfahrung des Fachunterrichts an den Gymnasien verfügen, besteht hier durchaus Beratungsbedarf, der aufgrund der geringen Zahl der Fachmoderatoren (aktuell landesweit zwei im Fach Gesellschaftslehre) natürlich unter den gegenwärtigen Bedingungen alles andere als umfassend ausfallen kann. Eine solche Veranstaltung hat auch schon in den vier Regionalabteilungen vor einigen Jahren stattgefunden. Sie hat allerdings erhebliche Unterschiede in den Auffassungen über fachliche Standards und ihre didaktische Umsetzung zutage gefördert. Seither ist der Faden nicht wieder aufgegriffen worden. Nach wie vor besteht insofern das Problem, dass die Studien­seminare für das Lehramt an Gymnasien, die legitimerweise den gymnasialen Standard ausbilden, nur unzureichend auf die Erfordernisse des Gesellschaftslehre-Unterrichts vorbereiten können. Hier könnten die Fachmoderatoren gute Dienste leisten. Wenn man das Ziel verfolgen möchte, die Fachdidaktiken der einzelnen Fächer – und damit selbstverständlich den Unterricht in den einzelnen Fächern − zu stärken, führt der Weg unseres Erachtens also nur über eine stärkere Zusammenarbeit und Ver­netzung von Fachbera­tungen, Fachmoderatoren und Fachleitungen. Sie be­inhaltet, dass Austausch und Beratung zwischen Fachbera­tungen und Fachleitungen wechsel­seitig und auf Augenhöhe erfolgen sollten. Mit der Schaffung regelmäßiger, landesweiter Dienst­bespre­chungen der Fachbera­tungen und Fachleitungen eines Faches könnten qualitativ hervorragend besetzte Experten­gremien („Thinktanks“) geschaffen werden. Eine Intensivierung des kollegialen Austausches würde die Position der zumeist als „Einzelkämpfer“ tätigen Fachleiterinnen, Fachleiter, Fach­berate­rinnen und Fachberater stärken. Wir sind daher insgesamt der Ansicht, dass die alte Formulierung „Zusammenarbeit mit den Studienseminaren“ die Erfordernisse besser traf als die neue („Mitwirkung bei der Beratung von … Studienseminaren …“) und plädieren dafür, sowohl die Formu­lierung zu ändern als auch die genannten Strukturen zur nachhaltigen Förderung der Fachunterrichtspraxis, aber auch des Aus- und Fortbildungswesens zu schaffen.
  1. Zur Beratung in Fällen der inklusiven Beschulung (1.1., Spiegelstrich 7 neu)
Dieses Thema stellt flächendeckend nach wie vor ein riesiges Desiderat dar. Kolleginnen und Kollegen, die von Fortbildungen zu diesem Thema an den Schulen berichten, können in der Regel nichts Konkretes vorweisen und sehen die Veranstal­tungen als verlorene Zeit an. Wenn schon die einschlägigen Experten zum Thema Inklusion anscheinend wenig Hilfreiches zu sagen wissen, werden die hierfür in keiner Weise ausgebildeten Fachberaterinnen und Fachberater noch viel weniger in der Lage sein, dieses Thema kompetent zu vertreten. Soll angesichts allgemeiner Ratlosigkeit jetzt der Schwarze Peter an sie weitergegeben werden? Daher muss dieser Passus ersatzlos gestrichen werden. Die Verpflichtung zur Verwaltung dieses Themengebietes führt darüber hinaus zu einer Verzettelung in den Aufgaben der Fachberatung. Sie ist mit der Betreuung fachlicher Fragen angesichts des enormen fachlichen und fachdidaktischen Fortbildungsbedarfs vollends ausgelastet. Horneburg, 24.4.2019 Johannes Heinßen